Kategorie:Stundenbuch:Lesung/Lesehore15.Juli

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15. Juli
HL. Bonaventura (+ 1274)


Aus dem Büchlein „Der Weg des Geistes zu Gott“.

Mystische Weisheit, durch den Heiligen Geist geoffenbart

Christus ist der Weg und die Tür, Christus ist die Leiter, er ist das Gefährt, gleichsam der Gnadenthron auf der Bundeslade1; er ist „das Geheimnis, das seit ewigen Zweiten verborgen war“2. Wer diesem Sühnezeichen sein Angesicht zuwendet, wer Christus, der am Kreuz hängt, anschaut mit Glaube, Hoffnung, Liebe, Hingabe, Bewunderung und Freude, Wertschätzung, Lob und Jubel, der begeht mit ihm das Pascha, den Übergang: er durchschreitet mit dem Stab des Kreuzes das Rote Meer. Er betritt von Ägypten aus die Wüste, wo er das verborgene Manna genießt und mit Christus im Grabe ruht. Äußerlich gleichsam gestorben, erfährt er, soweit es im Pilgerstand möglich ist, was am Kreuz dem Räuber, der Christus anhing, gesagt wurde: „Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.“3

Soll dieser Übergang vollkommen sein, so muss der Geist alle Denktätigkeit einstellen und mit der höchsten Stufe seiner Liebe ganz zu Gott hinübergehen und in ihn verwandelt werden. Doch das ist das Geheimnis der Geheimnisse, das niemand kennt, der es nicht empfangen hat; das keiner empfängt, der sich nicht nach ihm sehnt; nach dem sich niemand sehnt, den das Feuer des Heiligen Geistes, das Christus auf die Erde gebracht hat, nicht bis ins Mark entflammt. Darum sagt der Apostel, diese geheimnisvolle Weisheit sei durch den Heiligen Geist geoffenbart4.

Fragst du, wie das geschieht, dann frage die Gnade, nicht die Lehre; die Sehnsucht, nicht den Verstand; das Stammeln des Gebetes, nicht das Studium der Lesung; den Bräutigam, nicht den Lehrer; Gott, nicht den Menschen; die Glut, nicht die Helligkeit; nicht das Licht, sondern das Feuer, das die Seele ganz entflammt und in ekstatischer Ergriffenheit und in glühenden Gemütsbewegungen zu Gott hinüberträgt. Dieses Feuer ist Gott selbst, der „in Zion einen Feuerherd hat“5. In ihm hat Christus die Glut seines brennenden Leidens entfacht. Das kann nur der verstehen, der mit Ijob spricht: „Erwürgt zu werden zöge ich vor, den Tod diesem Totengerippe.“6 Wer diesen Tod liebt, kann Gott schauen; denn es ist ohne Zweifel wirklich so: „Kein Mensch kann Gott sehen und am Leben bleiben.“7

Lasst uns also sterben und in das Dunkel hineingehen. Lasst uns den Sorgen, Begierden und Einbildungen Schweigen gebieten. Lasst uns mit dem gekreuzigten Christus aus dieser Welt zum Vater hinübergehen8, auf das er uns den Vater zeige und wir mit Philippus sagen können: „Das genügt uns“9, und mit Paulus hören: „Meine Gnade genügt dir.“10 Lasst uns mit David jubeln: „Auch wenn mein Leib und mein Herz verschmachten, Gott ist der Fels meines Herzens und mein Anteil auf ewig.“11 „Gepriesen sei der Herr in Ewigkeit! Amen, ja amen.“12

(1) Vgl. Ex 25,17. (2) Kol 1,26. (3) Lk 23,43. (4) Vgl. 1Kor 2,10. (5) Jes 31,9. (6) Ijob 7,15. (7) Ex 33,20. (8) Vgl. Joh 13,1. (9) Joh 14,8. (10) 2Kor 12,9. (11) Ps 73,26. (12) Ps 89,53.


RESPONSORIUM
R. Wer die Gebote hält, bleibt in Gott und Gott in ihm. * Dass er in uns bleibt, erkennen wir an dem Geist, den er uns gab.
V. Gott hat die Weisheit geschaffen durch seinen Geist und sie ausgegossen über all seine Werke. * Dass er in uns bleibt, erkennen wir an dem Geist, den er uns gab.


ORATION
Gott, du ewige Weisheit und Liebe, gib uns die Gnade, dass wir nach dem Vorbild des heiligen Bonaventura beharrlich deine Wahrheit suchen und nach immer größerer Liebe streben. Darum bitten wir durch Jesus Christus.

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