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3,1-66: Dieses Lied weicht insofern etwas von den anderen ab, als hier ein einzelner Mensch seine persönliche Not beklagt. 3,40-47 lesen wir ein Schuldbekenntnis des Volkes, das sich aber nicht unbedingt auf die Zerstörung Jerusalems beziehen muß, wie es auch nicht feststeht, daß die Klage des einzelnen den Fall Jerusalems zum Hintergrund hat. Der Dichter verbindet sein eigenes Leid mit dem des gesamten Volkes. - Weitere Kapitel: | 3,1-66: Dieses Lied weicht insofern etwas von den anderen ab, als hier ein einzelner Mensch seine persönliche Not beklagt. 3,40-47 lesen wir ein Schuldbekenntnis des Volkes, das sich aber nicht unbedingt auf die Zerstörung Jerusalems beziehen muß, wie es auch nicht feststeht, daß die Klage des einzelnen den Fall Jerusalems zum Hintergrund hat. Der Dichter verbindet sein eigenes Leid mit dem des gesamten Volkes. - Weitere Kapitel: | ||
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Aktuelle Version vom 29. November 2011, 18:20 Uhr
Die Klagelieder
Kapitel 3
Leid und Trost
1 Ich bin der Mann, der Leid erfuhr durch die Rute seines Zornes. 2 Mich leitete und trieb er in lichtloses Dunkel. 3 Gerade gegen mich kehrte er immer wieder Tag für Tag seine Hand. 4 Hinschwinden ließ er mir Fleisch und Haut, zerbrach meine Glieder. 5 Er belud und umgab mich mit Gift und Mühsal. 6 Im Finstern ließ er mich wohnen wie die ewig Toten. 7 Er ummauerte mich unentrinnbar, legte mich in schwere Fesseln. 8 Auch wenn ich flehte und rief, er verschloß meiner Bitte den Weg. 9 Er hat mir die Wege mit Quadern vermauert, die Pfade gekrümmt. 10 Er war mir wie ein lauernder Bär, ein Löwe im Versteck. 11 Er zerrte mich vom Weg, ließ mich regungslos liegen und zerfleischte mich. 12 Den Bogen spannte er und stellte mich hin als Ziel für den Pfeil. 13 Meine Nieren traf er mit den Pfeilen seines Köchers. 14 All meinen Leuten ward ich zum Hohn, zum Spott jeden Tag. 15 Mit Bitterkeit hat er mich gesättigt, getränkt mit Wermut. 16 Er ließ meine Zähne auf Kiesel beißen und ließ mich den Staub zermalmen. 17 Du stießest mich aus dem Wohlstand; was Glück ist, vergaß ich. 18 Ich sprach: Mein Glanz ist dahin, auch mein Hoffen auf den Herrn. 19 Der Gedanke an meine Not und Unrast ist Wermut und Gift. 20 Stets denkt daran und ist tief gebeugt meine Seele in mir.
Der einzige Trost
21 Aber dies will ich zu Herzen nehmen, das ist der Grund meiner Hoffnung: 22 Die Huld des Herrn ist nicht erschöpft, nicht ist beendet sein Mitleid. 23 An jedem Morgen erneuert es sich; groß ist deine Treue. 24 »Mein Anteil ist der Herr«, spricht meine Seele; »darum hoff ich auf ihn!« 25 Gut ist der Herr gegen den, der seiner harrt, gegen die Seele, die ihn sucht. 26 Gut ist es, schweigend zu hoffen auf die Hilfe des Herrn. 27 Gut ist es für den Menschen, ein Joch zu tragen schon in seiner Jugend. 28 Er sitze einsam und schweige, wenn Er es ihm auferlegt! 29 Er neige seinen Mund in den Staub! Vielleicht ist noch Hoffnung! 30 Die Wange biete er dem, der ihn schlägt, lasse mit Schmach sich sättigen! 31 Denn nicht für ewig verwirft der Herr. 32 Nein, hat er betrübt, so erbarmt er sich auch nach seiner großen Huld. 33 Denn nur ungern beugt und betrübt er die Menschen. 34 Daß man mit Füßen tritt alle Gefangenen im Land, 35 daß man beugt das Recht eines Mannes vor dem Angesicht des Höchsten, 36 daß man im Gericht einen Menschen bedrückt - sollte der Herr das nicht sehen? 37 Wer könnte befehlen, daß etwas geschieht, ohne daß der Herr es geboten? 38 Kommt nicht aus dem Munde des Höchsten Schlimmes und Gutes? 39 Was klagt denn ein Mensch, der da lebt? Er werde Herr über seine Sünde!
40 Unseren Wandel laßt uns prüfend erforschen und uns bekehren zum Herrn! 41 Laßt uns nicht die Hände, sondern unser Herz erheben zu Gott im Himmel! 42 Wir haben gesündigt und waren trotzig! Du hast keine Verzeihung geübt.
43 Du hast dich in Zorn gehüllt und uns verfolgt, getötet ohne Schonung. 44 In Wolken hast du dich gehüllt, die kein Gebet durchdrang. 45 Zu Kehricht und Auswurf machtest du uns inmitten der Völker. 46 Den Mund rissen wider uns auf alle unsere Feinde. 47 Grauen und Grube ward uns zuteil, Vernichtung und Verderben. 48 Ströme von Tränen vergießt mein Auge über den Sturz der Tochter meines Volkes. 49 Ruhelos tränt mein Auge, ohne aufzuhören, 50 bis der Herr vom Himmel niederblickt und hersieht. 51 Mein Auge tut mir weh vor lauter Weinen über meine Stadt.
52 Wie einen Vogel jagten mich, die grundlos mir feind sind. 53 Sie wollten in der Fanggrube mein Leben auslöschen und warfen Steine auf mich. 54 Das Wasser ging über mein Haupt. »Verloren bin ich«, so sagte ich mir. 55 Da rief ich deinen Namen, Herr, aus der Grube tief unten. 56 Du hörtest meinen Ruf: »Verschließe nicht vor meinem Schreien dein Ohr!« 57 Du nahtest, als ich nach dir rief, und sprachst: »Fürchte dich nicht!« 58 Du führtest, Herr, meinen Streitfall, befreitest mein Leben.
Gottvertrauen
59 Du siehst, o Herr, meine Drangsal; schaffe mir Recht! 60 Du siehst ihre ganze Rachgier, all ihre Pläne wider mich. 61 Du hörst ihr Schmähen, o Herr, all ihre Pläne wider mich. 62 Das Reden und Denken meiner Gegner ist gegen mich gerichtet den ganzen Tag. 63 Habt acht auf ihr Sitzen und Stehen! Ich bin ihr Spottlied. 64 Vergelten wirst du ihnen, o Herr, nach dem Tun ihrer Hände. 65 Du bescherst ihnen Verlust des Verstandes, deinen Fluch über sie. 66 Du verfolgst sie im Zorn und tilgst sie aus unter deinem Himmel, o Herr.
Fußnote
3,1-66: Dieses Lied weicht insofern etwas von den anderen ab, als hier ein einzelner Mensch seine persönliche Not beklagt. 3,40-47 lesen wir ein Schuldbekenntnis des Volkes, das sich aber nicht unbedingt auf die Zerstörung Jerusalems beziehen muß, wie es auch nicht feststeht, daß die Klage des einzelnen den Fall Jerusalems zum Hintergrund hat. Der Dichter verbindet sein eigenes Leid mit dem des gesamten Volkes. - Weitere Kapitel: 01 | 02 | 04 | 05 |
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